Substanzwert: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 6. Oktober 2024, 07:08 Uhr

Kurzinfo!

Der Substanzwert (Zeitwert, Reproduktions- oder Rekonstruktionszeitwert) ist jener Wert der Vermögensgegenstände, die das Unternehmen aufwenden müssen, um sie in der gleichen Art wiederzubeschaffen (nachzubauen).[1]

Der Substanzwert ist der Reproduktionswert des Unternehmens; die Einzelobjekte gehen grundsätzlich mit ihren Wiederbeschaffungspreisen in die Substanzwertermittlung ein. Nur überzählige Objekte werden mit ihren Veräußerungspreisen angesetzt.[2] Vom Liquidationswert unterscheidet er sich dadurch, dass dieser veräußerungsorientiert und der Substanzwert beschaffungsorientiert ist.

siehe auch-> Einzelbewertungsverfahren

Ermittlung

Hauptartikel-> Substanzwertverfahren

Bedeutung

Hintergrund seiner Bedeutung war eine Kontrolle der Ertragswertschätzung. Man sah im Substanzwert wird eine Größe, mit deren Hilfe Ertragswertschätzungen eingegrenzt werden können. Der Substanzwert ist jedoch gewiß kein verläßlicher Indikator des Ertragswertes.[3]

Unternehmen mit bedarfswirtschaftlichem Leistungsauftrag

Bei Unternehmen mit bedarfswirtschaftlichem Leistungsauftrag (Non-Profit-Unternehmen) hat das Kostendeckungsprinzip zwecks Sicherung der Leistungserstellung Vorrang vor einer (begrenzten) Gewinnerzielung. Da nicht-finanzielle Ziele dominieren, ist als Unternehmenswert nicht der Zukunftserfolgswert anzusetzen, sondern der Rekonstruktionszeitwert, wobei zu berücksichtigen ist, ob die Leistungserstellung allenfalls mit einer effizienteren Substanz oder Struktur erreicht werden kann.[4]

Normalwerthypothese

Die Normalwerthypothese besagt, daß der Substanzwert den Nachbaubetrag bezeichnet und daß das Verhältnis von geschätztem Ertrag zum Nachbaubetrag die Nachbaurendite ausmacht; der Konkurrenzmechanismus führe dazu, daß sich diese Nachbaurendite auf die volkswirtschaftliche Durchschnittsverzinsung einnivelliere.[5]

Diese Normalwerthypothese ist falsch, insbesondere ist es unzutreffend, daß ein als Teil-Reproduktionswert verstandener Substanzwert den relevanten Nachbaubetrag bilden könnte. Auf der Basis von Teil-Reproduktionswerten führt das Modell grundsätzlich zu einer verzerrten (überhöhten) Nachbaurendite; diese darf aber nicht der Durchschnittsverzinsung gleichgesetzt werden, woraus weiter folgt, daß für diesen Fall der Ertragswert im Gleichgewicht über dem Substanzwert liegt.

Daraus folgt eine Ablehnung der Substanzwertverfahren zu Reproduktionskosten und der Mischverfahren.

Die Normalwerthypothese müsste auf Vollreproduktionskosten basiereren, diese sind jedoch nur schwer zu ermitteln.[6]

Eine Annäherung von betriebsindividueller Rendite an die marktüblichen Kapitalkosten wurde in KFS/BW 1 Rz. 64 getroffen:

"Über die zu erwartende langfristige Entwicklung des Rentabilitätsniveaus des zu bewertenden Unternehmens in der Rentenphase sind unter Berücksichtigung der dafür relevanten Einflussfaktoren wie die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegen den Abbau von Überrenditen (Konvergenzprozesse) geeignete Annahmen zu treffen. Dabei kann unterstellt werden, dass die Rendite (nach Unternehmenssteuern) aus der Wiederveranlagung thesaurierter Beträge langfristig den Kapitalkosten entspricht (Konvergenzannahme). Ist davon abweichend zu erwarten, dass die Rendite langfristig über den Kapitalkosten liegen wird, sind die dafür maßgeblichen Gründe anzugeben. Generell ist in der Rentenphase auf die Konsistenz der Annahmen zu Renditeerwartungen, Wachstumsrate und Thesaurierung zu achten."

Literatur

  • Moxter (1983), S. 45 f;
  • Peemöller (2019), S. 87 f;

Substanzwert als steuerlicher Mindestwert

Bei Schätzung des gemeinen Wertes eines Unternehmens oder Unternehmensanteiles darf die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden.[7]

Kritik

Dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechend hat er jedoch keine Bedeutung: "Dem Substanzwert, verstanden als Rekonstruktionszeitwert (Vermögen abzüglich Schulden) des betriebsnotwendigen Vermögens, kommt bei der Ermittlung des Unternehmenswerts keine eigenständige Bedeutung zu."[8]

Problematisch ist die Beschränkung der Wertermittlung auf Teilreproduktionskosten dh marktgängige Posten (zB aktiviertes Anlagevermögen, Umlaufvermögen). Nicht marktgängiges Vermögen (zB selbst geschaffenes immaterielles Vermögen, wie Marken, nicht aktivierungsfähiges Vermögen wie Know-how, Mitarbeitererfahrung- human capital) werden nicht berücksichtigt (Vollreproduktionskosten).

Der vermeintlich größte Vorteil des Substanzwerts – nämlich die Umgehung des Prognoseproblems – stellt gleichzeitig seinen größten Schwachpunkt dar: Er ist nicht zukunftsbezogen und vernachlässigt die individuellen Möglichkeiten des Unternehmers, mit dem Unternehmen zukünftig finanzielle Überschüsse zu erzielen.[9]

Literatur

Fachgutachten

  • KFS/BW 1, Rz. 26, 140;
  • IDW S1, Rz. 6, 152, 170;

Fachliteratur

  • Bachl (2018), S. 15;
  • Moxter (1983), S. 51 ff;
  • Mandl / Rabel (1997), 46 ff, 275 ff;
  • WP-Handbuch II (2014), Rz. A 9,443 ff;

Unterlage(n)

siehe auch -> Liste der verwendeten Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Bachl (2018), S. 15.
  2. Moxter (1983), S. 54.
  3. Moxter (1983), S. 54.
  4. Rz. 140 KFS/BW1.
  5. Moxter (1983), S. 54.
  6. Moxter (1983), S. 54 f.
  7. § 11 Abs. 2 (d)BewG.
  8. KFS/BW1 Rz. 26.
  9. Ihlau / Duscha (2019), S. 64.