Bewertungsanlass

Aus Bewertungshilfe
Version vom 1. September 2023, 09:10 Uhr von Peter Hager (Diskussion | Beiträge) (Unterlage(n): akt.)
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Der Bewertungsanlass ist der konkrete Grund für die Erstellung der Unternehmensbewertung.[1]

Aus dem konkreten Bewertungsanlass wird der typenartige typisierende Bewertungszweck abgeleitet. Der Bewertungsanlass und der darausabgeleitete Bewertungszweck sind im Gutachten anzuführen, damit dieses nachvollziehbar ist.

siehe auch-> Bewertungsprozess

Arten

Überblick Bewertungsanlässe

Die Bewertungsanlässe können folgendermaßten systematisiert werden:[2]

Freiwillige Unternehmensbewertungen im Rahmen unternehmerischer Initiativen Unternehmensbewertungen für Zwecke der externen Rechnungslegung Unternehmensbewertungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften bzw. vertraglicher Grundlagen
Kauf / Verkauf von Unternehmen Kaufpreisallokation Ausschluss von Gesellschaftern (Squeeze Out)
Fusionen Beteiligungsbewertung Ermittlung des Umtauschverhältnisses im Zusammenhang mit einer Verschmelzung oder Spaltung
Eigen- oder Fremdkapitalzufuhr Impairmenttest Ein- und Austritt von Gesellschaftern einer Personengesellschaft
Sacheinlagen von Unternehmensanteilen Erbauseinandersetzungen, Erbteilungen
Management-Buy-outs Abfindungsfälle im Familienrecht
Wertorientierte Managementkonzepte

Gliederung nach Transaktionsbezug

Häufiger zu finden ist die Anküpfung nach dem Bezug zur Transaktion:

  • Bei nicht transaktionsbezogene Bewertungsanlässen kommt es zu keiner Änderung der Eigentumsverhältnissen.[3]
  • Transaktionsbezogene Bewertungsanlässe liegen grundsätzich vor, wenn die Bewertung aufgrund einer tsächlichen oder geplanten Änderung der Eigentumsverhältnisse am Bewertungsobjekt erfolgt.[4] Transaktionsbezogene Bewertungsanlässe lassen sich in nicht dominierte und dominierte Bewertungsanlässe untergliedern.
    • Bei dominanten Bewertunganlässen kann eine Partei einseitig (d.h. auch gegen den Willen der anderen Partei) die Änderung der Eigentumsverhältnisse herbeiführen.[5]
    • Nicht dominierte Bewertungsanlässe sind dadurch gekennzeichnet, dass die beteiligten Parteien frei über die Durchführung der Transaktion und die damit verbundene Veränderung der Eigentumsrechte entscheiden können.[6]

Systematisierung der Bewertungsanlässe:[7]

Transaktionsbezogen nicht transaktionsbezogen
Nicht dominiert Dominiert
z. B. z. B. z. B.
Kauf / Verkauf von Unternehmen Ausscheiden eines Gesellschafters (tatsächliche Transaktion) Steuerliche Anlässe
Fairness Opinion Familien-/erbrechtliche Auseinandersetzungen (fiktive Transaktion) Ermittlung von Bilanzansätzen
MBO / MBI Aktien- und umwandlungsrechtliche Bewertungsanlässe Sanierung
Eintritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft Zuführung von Eigen-/ Fremdkapital
Börsengang Kreditwürdigkeitsprüfung

Gliederung nach Bezug zu Normen

Eine weitere, mögliche Kategorisierung wäre zB die Unterscheidung danach, ob die Unternehmensbewertung normorientiert oder nicht normorientiert erfolgt.

Nicht normorientiert erfolgt die Bewertung dann, wenn sie den Zwecken einer freien, rein ökonomischen Entscheidungsvorbereitung dient. Die Bewertung dient dabei ausschließlich den Interessen des Auftraggebers (Investors).

Normorientiert erfolgt die Bewertung dann, wenn sie auch die gesetzlich oder vertraglich normierten Interessen anderer Beteiligter (Gläubiger, Anleger, schutzwürdige Minderheiten, Mitgesellschafter, Fiskus etc) in einer vielfach durch die Rechtsprechung zusätzlich konkretisierten Art und Weise berücksichtigen muss. Normorientierte Bewertungen erfolgen oftmals auch über gesetzlichen Auftrag (dh, bereits das Gesetz ordnet bei bestimmten Sachverhalten verpflichtend eine Bewertung an), aufgrund des Eintrittes vertraglich geregelter Umstände oder zB auch über richterlichen oder behördlichen Auftrag.

Nicht normorientierte Bewertungsanlässe sind zB:

  • (freiwilliger) Kauf und Verkauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen,
  • (freiwilliger) Tausch von Unternehmensanteilen zB im Zuge von Umgründungen.

Normorientierte Bewertungen sind zB bei folgenden Anlassfällen gegeben:

  • Festsetzung von Barabfindungen beim zwangsweisen Ausscheiden von Minderheitsgesellschaftern,
  • Gesellschafterabfindungen auf Basis gesellschaftsvertraglicher Regelungen,
  • erbrechtliche Aufteilung von Nachlassvermögen sowie Pflichtteilsbemessung,
  • Ermittlung des positiven Verkehrswertes bei Umgründungen

Die Verknüpfung an eine Norm kann dazu führen, dass es zu einer Abweichung von betriebswirtschaftlichen Grundsätzen kommen kann.[8]

siehe auch Normwert

Literatur

Fachgutachten

  • KFS/BW 1 Rz. 14;
  • IDW S1 Rz. 8 u. 11;

Fachliteratur

  • Aschauer / Purtscher (2011), 101;
  • Bachl (2015), 2;
  • Hager (Grundbegriffe), 3;
  • Ihlau ua (2013), 18f;
  • Mandl / Rabel (1997), 13;

Unterlage(n)

Einzelnachweise

  1. Hager (Grundbegriffe), S. 3.
  2. Aschauer / Purtscher (2011), S. 101.
  3. Mandl / Rabel (1997), S. 13.
  4. Mandl / Rabel (1997), S. 13.
  5. Mandl / Rabel (1997), S. 13.
  6. Ihlau ua (2013), S. 18.
  7. Ihlau ua (2013), S. 19.
  8. Vgl. Aschauer / Purtscher (2011), S. 104 f.

siehe auch-> Liste der verwendeten Literatur