Wiener Verfahren

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Das Wiener Verfahren ist eine erlassmäßig geregelte Schätzung des gemeinen Wertes von Kapitalanteilen. Es stellt betriebswirtschaftlich ein Mittelwertverfahren dar.

siehe auch-> Bewertungsverfahren

Bedeutung

Das Wiener Verfahren ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) als Massenermittlungserfahren für die Ermittlung des gemeinen Wertes geeignet, stellt aber keine betriebswirtschaftlich anerkannte Methode dar. Für andere Anwendungszwecke (zB Ermittlung des Verkehrswertes) ist es ausgeschlossen.

Das Wiener Verfahren dient:

  • Schätzung des gemeinen Wertes von Kapitalanteilen.
  • Meldung Äquivalenzverletzung Verschmelzung [1]
  • bei Bewertung von geldwerten Vorteilen [2]
  • bei unentgeltliche oder verbilligte Übertragung von Beteiligungen an Arbeitnehmer [3]

Das Wiener Verfahren ist nicht geeignet:

In den 1990 wiesen Mischverfahren eine Verbreitung von 61 % in Österreich bzw. 57 % in Deutschland auf. 2012 betrug der Anteil der Mischverfahren nur mehr 20 %.[6]

In dem am 27. 2. 2006 beschlossenen Fachgutachten KFS/BW 1 „Unternehmensbewertung“ der Kammer der Wirtschaftstreuhänderwird das Mittelwertverfahren nicht in der Liste der anerkannten Bewertungsmethoden angeführt.[7]

Geschichte

Das Wr. Verfahren 1996 geht auf das Berliner Verfahren 1935 zurück es wurde mehrfach neu verlautbart und dabei oftmals (z.T. geringfügig) adaptiert:[8]

  • Wiener Verfahren 1972
  • Wiener Verfahren 1989

Ermittlung

Zur Ermittlung des gemeinen Wertes wird

  • der Vermögenswert und
  • der Ertragswert
  • sowie das Nennkapital ermittelt.

In der Regel entspricht der gemeine Wert je Nennkapital dem arithmetischen Mittel von Vermögens- und Ertragswert. Es gibt aber auch Sonderfälle.

Vermögenswert (V)

Der Vermögenswert basiert auf dem Eigenkapital der dem Stichtag nächstgelegenen Bilanz. Dabei sind Adaptierungen für Betriebsgrundstücke und Beteiligungen vorzunehmen und einen Abschlag von 10% der (positiven) Zwischensumme vorzunehmen.[9]

Ertragswert (E)

Ausgangspunkt des Ertragswert ist das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) adaptiert um Zu- und Abschläge. Aus den Werten der letzten 3 Jahre wird der Durchschnitt gebildet. Der positive Durchschnitt wird um 10(7%) reduziert und durch 9% dividiert.[10]

Nennkapital (N)

Das Nennkapital umfasst:[11]

  • Grundkapital (AG)
  • Stammkapital (GmbH)
  • Partizipationskapital (wenn börsennotiert)

Gemeiner Wert

Ermittlung

In der Regel entspricht der gemeine Wert dem arithmetischen Mittel von Ertrags- und Vermögenswert.[12]

[math]\frac{V+E}2[/math]

Abweichungen von der Formel gibt es bei:

  • negativem Vermögen
  • negativem Ertragswet
  • Besitz eigener Aktien

Beteiligungsbesitz

Besitzt die zu bewertende Gesellschaft Anteile an Kapitalgesellschaften, sind Ertrag und Vermögen zu berichtigen. Der gemeine Wert der Beteiligung wird hinzugerichtet.[13]

Dadurch soll der Kaskadeneffekt verhindert werden.

Kritik

Daraus resultieren systematische Fehler:[16]

  • Eine hohe Kapitalrentabilität führt bei dieser Methode zu einem zu geringen Unternehmenswert, da der Ertragswert durch den relativ niedrigen Substanzwert vermindert wird.
  • Bei unrentablen Unternehmen mit geringen stillen Reserven führt das Wiener Verfahren zu einer Überbewertung, da der Liquidationserlös oft unter dem Buchwert liegt.
  • Nicht aktivierte Wirtschaftsgüter fließen nicht in die Wertermittlung ein. Bei Unternehmen mit hoher Forschungsquote (Pharmaindustrie) oder attraktiven Marken (Google, Coca-Cola) kommt es zu großen Verzerrungen.
  • Wertänderungen zwischen historischen und aktuellen Anschaffungskosten bleiben unberücksichtigt.
  • Unentgeltliche Mitarbeit eines Gesellschafters führt zu einem höheren Unternehmenswert, da ein Unternehmerlohn nicht vorgesehen ist.[17]
  • Durch den fixen Diskontierungszins werden sichere Unternehmen (kleiner Betafaktor) tendenziell unter-, unsichere (großes Beta) überbewertet.
  • Ein höherer Liquidationserlös bleibt unberücksichtigt.

Schon die Arbeiten von Vogel (1979) und Schoenfeld (1984) zeigten, dass zwischen den nach Mischwertverfahren ermittelten Werten und den Börsenwerten Lücken klaffen. Eine vergleichbare Studie für nicht börsenotierte Unternehmen besteht leider nicht.[18]


Man kann der Zusammenfassung Frabergers zustimmen:

Das Ergebnis eines Bewertungsverfahrens kann nicht besser sein als seine Ausgangsparameter.[19]

Literatur

Gesetz

  • BewG § 13 Abs. 2

Erlässe

  • BMF (1996)
  • BMF (2002)
  • Bundessteuertragung (2005)

Fachliteratur

  • Bachl (2015), 5
  • Fraberger (2001)
  • Hager (2017)
  • Hager (2021)
  • Köglberger (1996)
  • Köglberger (1997)
  • Köglberger / Adametz (1998)
  • Rupp (1986)

Unterlage(n)

Tabellen


siehe auch -> Liste der verwendeten Gesetze und Erlässe, Liste der verwendeten Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rz. 315 UmgrStR 2002
  2. Rz. 4027 EStR 2000
  3. Rz. 218 LStR 2002
  4. Rz. 681 UmgrStR 2002
  5. Rz. 773 KStR 2013
  6. Vgl.Hager (2021), S. 671.
  7. Vgl.Hager (2021), S. 671.
  8. Details vgl. Rupp (1986), S. 289 ff
  9. Vgl. Hager (Wr. Verfahren-Berechnung), Kap. 1.2.
  10. Vgl. Hager (Wr. Verfahren-Berechnung), Kap. 1.3.
  11. Vgl. Hager (Wr. Verfahren-Berechnung), Kap. 1.1.
  12. Vgl. Hager (Wr. Verfahren-Berechnung), Kap. 2.1.
  13. Vgl. Hager (Wr. Verfahren-Berechnung), Kap. 2.4.
  14. Für viele vgl. Fröhlich (2004), W 160.
  15. Vgl. Unterlage (Wr. Verfahren - Berechnung), Kap. 1.3.
  16. Vgl. Hager (2021), S. 673 f.
  17. Vgl. Igerz (1989).
  18. Vgl. Hager (2021), S. 676 f.
  19. Fraberger (2001), S. 79.