Äquivalenzprinzipien

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Unter Äquivalenzprinzipien versteht man jene Grundsätze die eingehalten werden müssen, damit das Bewertungsobjekt Unternehmen mit dem Vergleichsobjekt "sichere Anlage" verglichen werden können. Sie zählen zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung.

Vergleichsobjekt

Bewerten heißt vergleichen.[1] 

Als Alternative ist stets die bestmögliche Verwendung anzusetzen.[2] Als Alternativanlagen stehen dem Anteilseigner grundsätzlich Konsum Tilgung privater Kredite, andere Investitionen sowie eine Kombination dieser Alternativen offen. Aus Gründen der Vereinfachung und Praktikabilität wird in der modernen Finanzierungstheorie die Rendite einer Investitionsalternative herangezogen.[3]

Bei Anwendung der Risikozuschlagsmethode verwendet man bei den Diskontierungsverfahren (Ertragswert- und DCF-Verfahren) den Zinssatz einer sicheren Anlage (Basiszinssatz) adaptiert um einen Risikozuschlag.

Arten der Äquivalenzprinzipien

Trotz der zentralen Bedeutung der Äquivalenzprinzipien werden diese in den Fachgutachten nicht bei den Grundsätzen, sondern bei den einzelnen Variablen besprochen.

Neben den hier angeführten Prinzipien finden sich in der Literatur Grundsätze (siehe -> Sonstige Grundsätz, die keine Äquivalenzprinzipien darstellen), die m.E. jedoch nicht zu den Äquivalenzprinzipien zählen.

Laufzeitäquivalenz

siehe auch-> Basiszinssatz

Nach dem Prinzip der Laufzeitäquivalenz müssen Unternehmens- und Alternativerträge hinsichtlich ihrer Laufzeit vergleichbar sein.[4]

Damit dieses Prinzip gewährt ist, wird das einheitliche Engagement in ein Unternehmen in mehrere Nullkuponanleihen (entsprechend der Höhe der geplanten Ausschüttungen im betreffenden Jahr) zerlegt.[5]

Gem. KFS/BW 1 Rz. 98 geht man in der Unternehmensbewertung von einer unbegrenzten Unternehmensdauer aus. Da es keine Anleihen mit unendlicher Laufzeit gibt, wird ab dem 30. Jahr ein konstanter Zins unterstellt.[6]

Richtlinie:

  • KFS/BW 1 Rz. 104;
  • IDW S1 Rz. 117, 123;

Bücher:

  • Dörschell u.a. (2012), S. 11, 50 f;
  • Ihlau / Duscha (2019), S. 82;
  • Mandl / Rabel (1997), S. 75 f;
  • Petersen u.a. (2013), S. 122 ff;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 220 ff,376;
  • Wollny (2018), S. 129 ff;

Arbeitseinsatzäquivalenz

Arbeitseinsatzäquivalenz bedeutet, dass die Unternehmens- und Alternativerträge auch hinsichtlich des erforderlichen Arbeitseinsatzes vergleichbar sein müssen.[7]

Ist die Vergleichbarkeit hinsichtlich des Arbeitseinsatzes nicht gegeben, müssen entsprechende Korrekturen vorgenommen werden. Soweit der Eigentümer in seinem Unternehmen mitarbeitet, muss hierfür ein angemessener Unternehmerlohn, in Entsprechung des Aufwandes für einen fremden Geschäftsführer, verrechnet werden.[8]

Richtlinie:

  • KFS/BW 1 Rz. 146;
  • IDW S1 Rz. 160;

Bücher:

  • Mandl / Rabel (1997), S. 76;
  • Petersen u.a. (2013), S. 127 f;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 230;
  • Wollny (2018), S. 135 ff;

Unterlage:

Verfügbarkeitsäquivalenz

Maßgeblich ist nicht der mögliche, sondern der tatsächlich beim Eigentümer ankommende Ertrag.[9]

Arten:

Besteuerungsäquivalenz

Das Prinzip der Besteuerungsäquivalenz bedeutet, dass für die Bewertung die Zuflüsse und die Alternativrendite entweder einheitlich in Vor- oder Nachsteuerbetrachtung ermittelt werden.

Grundsätzlich ist die Bewertung nach Unternehmenssteuern und persönlichen Ertragsteuern im Ertrag und im Diskontierungszinssatz vorzunehmen.[10] Vereinfachend kann die persönliche Ertragsteuer (KESt) weggelassen werden.[11]

Die Besteuerung ergibt sich aus den konkreten Verhältnissen des Bewertungsobjektes am Bewertungsstichtag in Verbindung mit der Rechtsform des Bewertungssubjektes. Rechtsformänderungen (des Bewertungsobjektes) sind zu berücksichtigen, wenn diese Änderungen zum Bewertungsstichtag zu erwarten sind, insbesondere wenn bereits Maßnahmen getroffen wurden, um diese Änderungen herbeizuführen.[12]

Im deutschen Fachgutachten IDW S1 wird zwischen einer unmittelbaren Typisierung der Einkommensteuer, d.h. einer Bewertung unter Berücksichtigung der Einkommensteuer[13] (bei gesetzlichen und vertraglichen Bewertungsanlässen anzuwenden) und einer mittelbaren Typisierung, d.h. einer Bewertung ohne Berücksichtigung der Einkommensteuer (bei Bestimmung des Kaufpreises, Fairness Opinion) unterschieden.[14]

International ist eine Bewertung vor persönlichen Ertragsteuern üblich.[15] Zur Vereinfachung in Österreich vgl. Hager (2014), S. 1127.

Richtlinie:

  • KFS/BW 1 Rz. 83 ff;
  • IDW S1 Rz. 28, 30;

Bücher:

  • Dörschell u.a. (2012), S. 12;
  • Ihlau / Duscha (2019), S. 83;
  • Mandl / Rabel (1997), S. 77;
  • Petersen u.a. (2013), S. 128 ff;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 231 f, 344;
  • Wollny (2018), S. 137 f;

Ausschüttungsäquivalenz

Sofern man nicht von einer Vollausschüttung ausgeht, wie z.B. beim Ertragswertverfahren, muss man bei der Planung Annahmen treffen um die Ausschüttungsäquivalenz sicher zu stellen. Dazu sind Annahmen über die interne Verzinsung (d.h. die zu erwartende Rentabilität) und Vorsorge gegen Doppelzählungen zu treffen.[16] Nach IDW S1 Rz. 37 ist bei den thesaurierten Beträgen eine kapitalwertneutrale Veranlagung zu unterstellen.

Richtlinie:

  • IDW S1 Rz. 37;

Bücher:

  • Petersen u.a. (2013), S. 129 f;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 233;
  • Wollny (2018), S. 142 ff;

Geldwertäquivalenz (Kaufkraftäquivalenz)

Die Geldwertänderung (Inflation bzw. Deflation) ist sowohl hinsichtlich der Unternehmens- als auch der Alternativerträge zu beachten. Die Planung kann real (auf Basis des aktuellen Preisniveaus ohne Berücksichtigung künftiger Inflation) oder nominell (unter Berücksichtigung künftiger Inflation) erfolgen, beide führen zum selben Ergebnis.

Richtlinie:

  • KFS/BW 1 Rz. 57;
  • IDW S1 Rz. 98, 114;

Bücher:

  • Dörschell u.a. (2012), S. 12, 313 f;
  • Ihlau / Duscha (2019), S. 82;
  • Mandl / Rabel (1997), S. 77;
  • Petersen u.a. (2013), S. 132 ff;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 223;
  • Wollny (2018), S. 153 ff;

Unterlage:

Währungsäquivalenz

Sofern die Bewertung einen anderen Währungsraum betrifft, muss das Wechselkursrisiko (Risiko einer Änderung eines Wechselkurses) berücksichtigt werden. Die Währungsäquivalenz ist ein Ausfluss aus der Kaufkraftäquivalenz.

Bücher:

  • Dörschell u.a. (2012), S. 11, 342;
  • Ihlau / Duscha (2019), S. 81 f;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 224, 450;
  • Wollny (2018), S. 154 f;

Risikoäquivalenz (Unsicherheitsäquivalenz)

Unternehmens- und Alternativerträge müssen die gleiche Unsicherheitsdimension aufweisen. Da davon in der Realität nicht ausgegangen werden kann, sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen: (Sicherheitsäquivalenzmethode und Risikozuschlagsmethode).

Richtlinie:

  • IDW S1 Rz. 114;

Bücher:

  • Dörschell u.a. (2012), S. 12 f;
  • Ihlau / Duscha (2019), S. 82;
  • Mandl / Rabel (1997), S. 77 f;
  • Petersen u.a. (2013), S. 134 f;
  • WPH-Edition (2018), Tz. A 215 ff, 331;
  • Wollny (2018), S. 126 ff;

Unterlage:

  • Hager: Unsicherheit in der Unternehmensbewertung, Datei:Unsicher.pdf, Basisseminar BFA, Stand Oktober 2015;

Haltedaueräquivalenz

Veräußerungsgewinne der Anteile an Kapitalgesellschaften waren lange Zeit nicht steuerbar. Seit 2009 sind sie in Deutschland steuerpflichtig, in Österreich seit 2011.

Haltedaueräquivalenz bedeutet, dass sowohl beim Bewertungsobjekt als auch bei der [[Vergleichsobjekt|Alternativanlage] grundsätzlich äquivalente Annahmen zur Haltedauer für die Bestimmung der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes getroffen werden müssen.

Bücher:

  • WPH-Edition (2018), Tz. A 234;
  • Wollny (2018), S. 155 ff;

Sonstige Grundsätz, die keine Äquivalenzprinzipien darstellen

Die Kapitaleinsatzäquivalenz postuliert bei WPH-Edition (2018), Tz. A 230 den gleichen Kapitaleinsatz des Bewertungs- und Vergleichsobjekts. Deren Übereinstimmen liegt in der Natur der Kapitalwertmethode und stellt m.E. keine zusätzliche Äquivalenz dar. Bei Dörschell u.a. (2012), S. 11 wird der Begriff für die Arbeitseinsatzäquivalenz verwendet.

Die Wachstumsäquivalenz bezieht sich auf das Wachstums des Bewertungsobjektes in der Fortführungsphase. Soweit dieses nicht dem nachhaltigen Branchenschnitt entspricht ist dies zu begründen.[17] Äquivalenzprinzipien stellen die Vergleichbarkeit des Bewertungsobjektes mit dem Vergleichsobjekt her, nicht jedoch mit Branchendurchschnitten.

Literatur

Bei den einzelnen Prinzipien angeführt.

Unterlage(n)

siehe auch -> Liste der verwendeten Literatur

Einzelnachweise

  1. Moxter (1990), S. 123.
  2. Vgl. Moxter (1990), S. 9.
  3. Vgl. WP-Handbuch II (2014), Tz. A 306.
  4. Vgl. Mandl / Rabel (1997), S. 75.
  5. Vgl. Dehmel/Hommel in Petersen u.a. (2013), S. 123.
  6. Vgl. Aschauer / Purtscher (2011), S. 170.
  7. Mandl / Rabel (1997), S. 76.
  8. Details vgl. Wollny (2018), S. 135 ff und KFS/BW 1 Rz. 146.
  9. Vgl. Mandl / Rabel (1997), S. 77.
  10. Vgl. KFS/BW 1 Rz. 83.
  11. Vgl. KFS/BW 1 Rz. 84 hinsichtlich Kapitalgesellschaften bzw. KFS/BW 1 Rz. 86 hinsichtlich EU und Personengesellschaften.
  12. Vgl. KFS/BW 1 Rz. 83.
  13. Lt. Dehmel/Hommel in Petersen u.a. (2013), S. 130: 26,375%.
  14. Vgl. Wollny (2018), S. 141.
  15. Vgl. Wollny (2018), S. 141 und die dort angeführte Literatur.
  16. Vgl. IDW S1 (2000) Rz. 44.
  17. WPH-Edition (2018), Tz. A 225.