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Aktuelle Version vom 10. März 2024, 08:03 Uhr
Der Bewertungsanlass ist der konkrete Grund für die Erstellung der Unternehmensbewertung.[1]
Aus dem konkreten Bewertungsanlass wird der typenartige typisierende Bewertungszweck abgeleitet. Der Bewertungsanlass und der darausabgeleitete Bewertungszweck sind im Gutachten anzuführen, damit dieses nachvollziehbar ist.
siehe auch-> Bewertungsprozess
Inhaltsverzeichnis
Arten
Überblick Bewertungsanlässe
Die Bewertungsanlässe können folgendermaßen systematisiert werden:[2]
Freiwillige Unternehmensbewertungen im Rahmen unternehmerischer Initiativen | Unternehmensbewertungen für Zwecke der externen Rechnungslegung | Unternehmensbewertungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften bzw. vertraglicher Grundlagen |
---|---|---|
Kauf / Verkauf von Unternehmen | Kaufpreisallokation | Ausschluss von Gesellschaftern (Squeeze Out) |
Fusionen | Beteiligungsbewertung | Ermittlung des Umtauschverhältnisses im Zusammenhang mit einer Verschmelzung oder Spaltung |
Eigen- oder Fremdkapitalzufuhr | Impairmenttest | Ein- und Austritt von Gesellschaftern einer Personengesellschaft |
Sacheinlagen von Unternehmensanteilen | Erbauseinandersetzungen, Erbteilungen | |
Management-Buy-outs | Abfindungsfälle im Familienrecht | |
Wertorientierte Managementkonzepte |
Gliederung nach Transaktionsbezug
Häufiger zu finden ist die Anknüpfung nach dem Bezug zur Transaktion:
- Bei nicht transaktionsbezogene Bewertungsanlässen kommt es zu keiner Änderung der Eigentumsverhältnissen.[3]
- Transaktionsbezogene Bewertungsanlässe liegen grundsätzich vor, wenn die Bewertung aufgrund einer tsächlichen oder geplanten Änderung der Eigentumsverhältnisse am Bewertungsobjekt erfolgt.[4] Transaktionsbezogene Bewertungsanlässe lassen sich in nicht dominierte und dominierte Bewertungsanlässe untergliedern.
- Bei dominanten Bewertungsanlässen kann eine Partei einseitig (d.h. auch gegen den Willen der anderen Partei) die Änderung der Eigentumsverhältnisse herbeiführen.[5]
- Nicht dominierte Bewertungsanlässe sind dadurch gekennzeichnet, dass die beteiligten Parteien frei über die Durchführung der Transaktion und die damit verbundene Veränderung der Eigentumsrechte entscheiden können.[6]
Systematisierung der Bewertungsanlässe:[7]
Transaktionsbezogen | nicht transaktionsbezogen | |
Nicht dominiert | Dominiert | |
z. B. | z. B. | z. B. |
Kauf / Verkauf von Unternehmen | Ausscheiden eines Gesellschafters (tatsächliche Transaktion) | Steuerliche Anlässe |
Fairness Opinion | Familien-/erbrechtliche Auseinandersetzungen (fiktive Transaktion) | Ermittlung von Bilanzansätzen |
MBO / MBI | Aktien- und umwandlungsrechtliche Bewertungsanlässe | Sanierung |
Eintritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft | Zuführung von Eigen-/ Fremdkapital | |
Börsengang | Kreditwürdigkeitsprüfung |
Nach dem Verbleib des bisherigen Eigners
Bei personenbezogenen Unternehmen insbesondere KMU wird bei transaktionsbezogen Bewertungsanlässen unterschieden:
- Eigner verbleibt im Unternehmen
- Eigner verlässt das Unternehmen
In letzterem Fall ist insbesondere die Übertragbarkeit der Ertragskraft zu hinterfragen. Weitere Unterschiede siehe Ihlau / Duscha (2019), S. 277 ff.
Gliederung nach Bezug zu Normen
Eine weitere, mögliche Kategorisierung wäre zB die Unterscheidung danach, ob die Unternehmensbewertung normorientiert oder nicht normorientiert erfolgt.
Nicht normorientiert erfolgt die Bewertung dann, wenn sie den Zwecken einer freien, rein ökonomischen Entscheidungsvorbereitung dient. Die Bewertung dient dabei ausschließlich den Interessen des Auftraggebers (Investors).
Normorientiert erfolgt die Bewertung dann, wenn sie auch die gesetzlich oder vertraglich normierten Interessen anderer Beteiligter (Gläubiger, Anleger, schutzwürdige Minderheiten, Mitgesellschafter, Fiskus etc) in einer vielfach durch die Rechtsprechung zusätzlich konkretisierten Art und Weise berücksichtigen muss. Normorientierte Bewertungen erfolgen oftmals auch über gesetzlichen Auftrag (dh, bereits das Gesetz ordnet bei bestimmten Sachverhalten verpflichtend eine Bewertung an), aufgrund des Eintrittes vertraglich geregelter Umstände oder zB auch über richterlichen oder behördlichen Auftrag.
Nicht normorientierte Bewertungsanlässe sind zB:
- (freiwilliger) Kauf und Verkauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen,
- (freiwilliger) Tausch von Unternehmensanteilen zB im Zuge von Umgründungen.
Normorientierte Bewertungen sind zB bei folgenden Anlassfällen gegeben:
- Festsetzung von Barabfindungen beim zwangsweisen Ausscheiden von Minderheitsgesellschaftern,
- Gesellschafterabfindungen auf Basis gesellschaftsvertraglicher Regelungen,
- erbrechtliche Aufteilung von Nachlassvermögen sowie Pflichtteilsbemessung,
- Ermittlung des positiven Verkehrswertes bei Umgründungen
Die Verknüpfung an eine Norm kann dazu führen, dass es zu einer Abweichung von betriebswirtschaftlichen Grundsätzen kommen kann.[8]
siehe auch Normwert
Wertfindungsanlass
In der vereinfachten Wertfindung nach KFS/BW1 E5 (2017) wird der Bewertungsanlass als Wertfindungsanlass bezeichnet. Ansonsten bestehen keine Unterschiede.
Literatur
Fachgutachten
- KFS/BW 1 Rz. 14;
- IDW S1 Rz. 8 ff;
Fachliteratur
- Aschauer / Purtscher (2023), S. 93 f;
- Bachl (2018), S. 3 ff;
- Fleischer / Hüttemann (2015), S. 52;
- Ihlau / Duscha (2019), S. 22 ff;
- Kranebitter / Maier (2017), S. 4 ff;
- Mandl / Rabel (1997), S. 12 ff;
- Peemöller (2019), S. 19 ff;
- Petersen u.a. (2022); S. 35;
- Wollny (2018), S. 7 ff;
Unterlage(n)
- Hager: "Bewertungsanlass und -zweck - funktionale Bewertung", Datei:BewAZ.pdf, Stand Nov. 2023, S. 2 ff;
- Hager: Grundbegriffe, Basisseminar BFA, Datei:Grundbegriffe.pdf, Stand Okt. 2020, S. 4;
- Hager: Was ist bei Prüfung eines Unternehmensbewertungsgutachtens zu beachten – eine kurze Einführung, Datei:Prüfung-Gutachten.pdf, Basisseminar BFA, Stand Nov. 2017;
siehe auch -> Liste der verwendeten Literatur
Einzelnachweise
siehe auch-> Liste der verwendeten Literatur