Fiktive Anschaffungskosten: Unterschied zwischen den Versionen
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=== (Fiktive) Anschaffungsnebenkosten === | === (Fiktive) Anschaffungsnebenkosten === |
Aktuelle Version vom 9. Oktober 2022, 04:00 Uhr
Die fiktiven Anschaffungskosten entsprechen dem Betrag, den der Erwerber für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Empfanges hätte aufwenden müssen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Verhältnis zu anderen Werten
Die fiktiven Anschaffungskosten und der gemeine Wert sind nicht zwei Seiten einer Medaille. Dies ergibt sich aus der Erwerberposition und der vorherrschenden österreichischen Interpretation von Verfügungsbeschränkung.[2]
Bedeutung
Die fiktive Anschaffungskosten werden in § 6 Z 9 lit b EStG 1988 begrifflich bestimmt und die Anwendung für die betriebliche Gewinnermittlung bestimmt.[3] In Deutschland wird für vergleichbare Tatbestände der gemeine Wert als Bewertungsmaßstab verwendet.
Betrieblicher Bereich
Bei unentgeltlicher Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter aus betrieblichem Anlass, erfolgt die Bewertung mit den fiktiven Anschaffungskosten. Dabei ist der Vermögenszuwachs in gleicher Höhe eine Gewinnerhöhung. Liegt kein betrieblicher Anlass vor, ist von einer gewinnneutralen Einlage nach § 6 Z 5 auszugehen.
Außerbetrieblicher Bereich
Anwendung im außerbetrieblichen Bereich:[4]
- AfA-Basis bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern (bis 2012) oder Gebäuden (bis 2008).
- AfA-Basis bei erstmaliger Nutzung für Erwerbszwecke bei Gebäuden im Altvermögen. (seit 2013). Bis 2008 für alle Gebäude.
Bedeutung Unternehmensbewertung
Jener Betrag, der dem Verkäufer bezahlt werden muss, ist gegebenenfalls durch eine Unternehmensbewertung nach einer betriebswirtschaftlich anerkannten Methode zu ermitteln.
Ermittlungsprinzipien
Aus der Definition ergibt sich folgende Rahmen:
Stichtagsbezug
siehe auch-> Stichtagsprinzip
Bei Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten ist der maßgebliche Stichtag zu beachten.
Bedeutung:
- betrieblicher Bereich: Dabei ist der Stichtag des unentgeltlichen Erwerbes maßgeblich.
- außerbetrieblicher Bereich: maßgeblich ist der Stichtag des unentgeltlichen Erwerbes bzw. der ersten Nutzung für Erwerbszwecke.
Erwerberbetrachtung
siehe auch-> Erwerberposition
Die fiktiven Anschaffungskosten gehen von einem Käufer aus, im Gegensatz zum gemeinen Wert, der von einem Verkäufer ausgeht.
Aus der Erwerberbetrachtung folgt:
- die Anschaffungsnebenkosten sind (so wie beim Teilwert) zu berücksichtigen;
- bei PKW ist der höhere Käuferpreis der Eurotaxliste maßgeblich und
- bei Börsen ist der Briefkurs zu bezahlen.
Kein betriebsbezug
Die Legaldefinition der fiktive Anschaffungskosten enthalten, in Gegensatz zum Teilwert, keinen Hinweis auf den konkreten Betrieb. Echte Synergien sind daher unbeachtlich.
Ermittlung
Aus der Formulierung „für das … Wirtschaftsgut … hätte aufwenden müssen“ lassen sich folgende Komponenten ableiten:
- jener Betrag den der Verkäufer verlangt hätte,
- was an Anschaffungsnebenkosten anfallen würde,
- die USt (sofern sie nicht abgezogen werden kann).
Übersteigen die fiktiven Anschaffungskosten den Teilwert, kommt zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung in Betracht.[5]
Kaufpreis
Entsprechend der Erwerberperspektive ist der Kaufpreis maßgeblich. Dieser kann vom Verkaufspreis abweichen (Händlereinkaufs- / -verkaufspreis, Brief- bzw. Geldkurs).
(Fiktive) Anschaffungsnebenkosten
Die fiktiven Anschaffungsnebenkosten umfassen jene Anschaffungsnebenkosten, die bei einem gedachten Erwerb jedenfalls angefallen wären (zB GrESt). Kosten die nicht sicher anfallen, wie Maklergebühren und Kosten für Inserate, sind hingegen nicht anzusetzen.[6]
Sofern tatsächliche Nebenkosten anfallen ist darauf zu achten, dass Kosten nicht doppelt erfasst oder unberücksichtigt bleiben.[7]
Ziel der Berücksichtigung fiktiven Anschaffungsnebenkosten ist es den unentgeltlichen Erwerb in seinen Auswirkungen dem entgeltlichen gleichzusetzen.
USt
Soweit die Vorsteuer abgezogen werden kann (§ 12 Abs. 1 und Art. 12 UStG 1994), gehört sie nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes und ist als Forderung auszuweisen. Soweit die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann, gehört sie zu den Anschaffungskosten22 und somit somit auch zu den fiktiven Anschaffungskosten.[8]
Literatur
Gesetz
- § 6 Z 9 lit b EStG 1988
Erlässe
- EStR 2000 2535 ff
Fachliteratur
- DKMZ (2020) § 6 Rz. 405 ff, § 16 Rz. 136 ff;
- Hofstätter / Reichl (2018) § 6 Z 9 Rz. 8 f, § 16 Abs 1 Z 8 Rz. 71 ff;
- Jakom (2020) § 6 Rz. 176 ff, § 16 Rz. 36 ff;
- Pröll (2016a);
- Pröll (2019);
Unterlage(n)
- Hager: "Fiktive Anschaffungskosten", Datei:Fiktive AK.pdf, Stand März 2021;
- Hager: Im Steuerrecht relevane Werte, Basisseminar BFA, Datei:Welche Werte.pdf, Stand September 2015;
siehe auch -> Liste der verwendeten Gesetze und Erlässe, Liste der verwendeten Literatur
Einzelnachweise
- ↑ vgl. § 6 Z 9 lit b EStG 1988
- ↑ Vgl. Pröll (2019), aA Hammerl (2005), Zorn in Hofstätter / Reichl (2018), § 16 Rz. 157/2.
- ↑ Zur historischen Entwicklung vgl. Unterlage (Fiktive Anschaffungskosten) und die dort angeführte Lit.
- ↑ Eine genaue Übersicht der Rechtsentwicklung findet sich bei DKMZ (2020), § 16 Rz. 142.
- ↑ Hofstätter / Reichl (2018), § 6, Rz 9.
- ↑ EStR 2000 Rz 6441.
- ↑ Vgl. Quantschnigg / Schuch (1993), § 6, Rz. 67.
- ↑ EStR 2000 Rz 2194.