Fiktive Anschaffungskosten

Aus Bewertungshilfe
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Die fiktiven Anschaffungskosten entsprechen dem Betrag, den der Erwerber für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Empfanges hätte aufwenden müssen.[1]

Verhältnis zu anderen Werten

Die fiktiven Anschaffungskosten und der gemeine Wert sind nicht zwei Seiten einer Medaille. Dies ergibt sich aus der Erwerberposition und der vorherrschenden österreichischen Interpretation von Verfügungsbeschränkung.[2]

Bedeutung

Die fiktive Anschaffungskosten werden in § 6 Z 9 lit b EStG 1988 begrifflich bestimmt und die Anwendung für die betriebliche Gewinnermittlung bestimmt.[3] In Deutschland wird für vergleichbare Tatbestände der gemeine Wert als Bewertungsmaßstab verwendet.

Betrieblicher Bereich

Bei unentgeltlicher Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter aus betrieblichem Anlass, erfolgt die Bewertung mit den fiktiven Anschaffungskosten. Dabei ist der Vermögenszuwachs in gleicher Höhe eine Gewinnerhöhung. Liegt kein betrieblicher Anlass vor, ist von einer gewinnneutralen Einlage nach § 6 Z 5 auszugehen.

Außerbetrieblicher Bereich

Anwendung im außerbetrieblichen Bereich:[4]

  • AfA-Basis bei unentgeltlich erworbenen Wirtschaftsgütern (bis 2012) oder Gebäuden (bis 2008).
  • AfA-Basis bei erstmaliger Nutzung für Erwerbszwecke bei Gebäuden im Altvermögen. (seit 2013). Bis 2008 für alle Gebäude.

Bedeutung Unternehmensbewertung

Jener Betrag, der dem Verkäufer bezahlt werden muss, ist gegebenenfalls durch eine Unternehmensbewertung nach einer betriebswirtschaftlich anerkannten Methode zu ermitteln.

Ermittlungsprinzipien

Aus der Definition ergibt sich folgende Rahmen:

Stichtagsbezug

siehe auch-> Stichtagsprinzip

Bei Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten ist der maßgebliche Stichtag zu beachten.

Bedeutung:

  • betrieblicher Bereich: Dabei ist der Stichtag des unentgeltlichen Erwerbes maßgeblich.
  • außerbetrieblicher Bereich: maßgeblich ist der Stichtag des unentgeltlichen Erwerbes bzw. der ersten Nutzung für Erwerbszwecke.

Erwerberbetrachtung

siehe auch-> Erwerberposition

Die fiktiven Anschaffungskosten gehen von einem Käufer aus, im Gegensatz zum gemeinen Wert, der von einem Verkäufer ausgeht.

Aus der Erwerberbetrachtung folgt:

Kein betriebsbezug

Die Legaldefinition der fiktive Anschaffungskosten enthalten, in Gegensatz zum Teilwert, keinen Hinweis auf den konkreten Betrieb. Echte Synergien sind daher unbeachtlich.

Ermittlung

Aus der Formulierung „für das … Wirtschaftsgut … hätte aufwenden müssen“ lassen sich folgende Komponenten ableiten:

  1. jener Betrag den der Verkäufer verlangt hätte,
  2. was an Anschaffungsnebenkosten anfallen würde,
  3. die USt (sofern sie nicht abgezogen werden kann).

Übersteigen die fiktiven Anschaffungskosten den Teilwert, kommt zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung in Betracht.[5]

Kaufpreis

Entsprechend der Erwerberperspektive ist der Kaufpreis maßgeblich. Dieser kann vom Verkaufspreis abweichen (Händlereinkaufs- / -verkaufspreis, Brief- bzw. Geldkurs).

(Fiktive) Anschaffungsnebenkosten

Die fiktiven Anschaffungsnebenkosten umfassen jene Anschaffungsnebenkosten, die bei einem gedachten Erwerb jedenfalls angefallen wären (zB GrESt). Kosten die nicht sicher anfallen, wie Maklergebühren und Kosten für Inserate, sind hingegen nicht anzusetzen.[6]

Sofern tatsächliche Nebenkosten anfallen ist darauf zu achten, dass Kosten nicht doppelt erfasst oder unberücksichtigt bleiben.[7]

Ziel der Berücksichtigung fiktiven Anschaffungsnebenkosten ist es den unentgeltlichen Erwerb in seinen Auswirkungen dem entgeltlichen gleichzusetzen.

USt

Soweit die Vorsteuer abgezogen werden kann (§ 12 Abs. 1 und Art. 12 UStG 1994), gehört sie nicht zu den Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes und ist als Forderung auszuweisen. Soweit die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann, gehört sie zu den Anschaffungskosten22 und somit somit auch zu den fiktiven Anschaffungskosten.[8]

Literatur

Gesetz

  • § 6 Z 9 lit b EStG 1988

Erlässe

  • EStR 2000 2535 ff

Fachliteratur

  • DKMZ (2020) § 6 Rz. 405 ff, § 16 Rz. 136 ff;
  • Hofstätter / Reichl (2018) § 6 Z 9 Rz. 8 f, § 16 Abs 1 Z 8 Rz. 71 ff;
  • Jakom (2020) § 6 Rz. 176 ff, § 16 Rz. 36 ff;
  • Pröll (2016a);
  • Pröll (2019);

Unterlage(n)

siehe auch -> Liste der verwendeten Gesetze und Erlässe, Liste der verwendeten Literatur

Einzelnachweise

  1. Hochspringen vgl. § 6 Z 9 lit b EStG 1988
  2. Hochspringen Vgl. Pröll (2019), aA Hammerl (2005), Zorn in Hofstätter / Reichl (2018), § 16 Rz. 157/2.
  3. Hochspringen Zur historischen Entwicklung vgl. Unterlage (Fiktive Anschaffungskosten) und die dort angeführte Lit.
  4. Hochspringen Eine genaue Übersicht der Rechtsentwicklung findet sich bei DKMZ (2020), § 16 Rz. 142.
  5. Hochspringen Hofstätter / Reichl (2018), § 6, Rz 9.
  6. Hochspringen EStR 2000 Rz 6441.
  7. Hochspringen Vgl. Quantschnigg / Schuch (1993), § 6, Rz. 67.
  8. Hochspringen EStR 2000 Rz 2194.