Beta-Faktor
- Synonyme: Betafaktor
siehe auch-> Risiko, Beta-Faktor (Begriff)
Der Beta-Faktor ist das Maß für das systematische Risiko.
Mathematisch stellt er den Quotient der Kovarianz zwischen der Rendite des Wertpapiers und der Marktrendite mit der Varianz der Rendite des Marktes dar.
Der Beta-Faktor gibt die Schwankungsbreite (Volatilität) zwischen dem Kurs eines Wertpapiers und dem Gesamtmarkt an.[1] Somit ist er ein Maß der Sensitivität und drückt dementsprechend aus, wie eine Aktie mit Schwankungen der Rendite des Marktportefeuilles korreliert.[2]
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
In der kapitalmarktorientierten Ermittlung des Diskontierungszinssatzes ist der Beta-Faktor ist Bestandteil des Risikozuschlages. Er ist ein wichtiger Werttreiber.
Interpretation des Beta-Faktors
Während die Marktrisikoprämie die Rendite eines Aktienportfolios ergibt, erhält man nach Anwendung des Beta-Faktor die Rendite des konkreten Investments. Dabei werden unsystematische Risiken ausgeblendet.
Aussage des Beta-Faktors:[3]
-Faktor | Bedeutung |
---|---|
Wertpapier hat höheres Risiko als der Markt | |
Risiko entspricht dem Marktportfolio | |
Wertpapier ist sicherer als der Markt | |
risikofreie Veranlagung |
In der Wikipedia[4] wird ohne Quellenangabe ein negativer Beta-Faktor ( ) angeführt. Dies würde bedeuten, dass sich die Rendite des Wertpapieres gegenläufig zum Gesamtmarkt entwickelt.
Einflußgrößen
- Das unsystematische Risiko, kann durch Diversifikation (d.h. Risikostreuung durch Wertpapiermischung) beseitigt werden und wird daher im Beta-Faktor nicht berücksichtigt.
- Das systematische Risiko ergibt sich aus den Variablen:
- letzteres wird beim unlevered Beta ausgeblendet.
- Weiters haben Einfluss:
Zusammenhänge der Beta-Faktoren: [5]
verschuldeter Betafaktor | |||
Geschäftsstrukturrisiko | Kapitalstrukturrisiko | ||
Marktrisiko | leistungswirtschaftliches Risiko | ||
Unverschuldeter Betafaktor | |||
unsystematisches Risiko | systematisches Risiko |
Abgrenzung systematisches / unsystematisches Risiko
Hauptartikel-> (un)systematisches Risiko
Je nach dem ob das Risiko durch Diversifikation ausgeschalten werden kann, unterscheidet man systematisches und unsystematisches Risiko.
Beispiele unsystematisches und systematisches Risiko[6]
Systematisches Risiko | unsystematisches Risiko |
---|---|
|
|
Das systematische Risiko besteht aus:
Geschäftstätigkeit
siehe auch-> Geschäftsrisiko
Das Geschäftsrisiko (operatives Risiko, operating Beta) ist das durch den Geschäftsbetrieb verursachte Risiko eines Unternehmens, es hat exogene und endogene Ursachen: Exogen sind die Konjunktur- und Marktabhängigkeit, die in der Schwankung der Umsatzerlöse zum Ausdruck kommt. Endogen ist das leistungswirtschaftliche Risiko, welches durch die (Fix-)Kosten-struktur des Unternehmens bestimmt wird.[7]
Das Geschäftsrisiko wird wesentlich durch die Branche bzw. den Industriezweig beeinflusst.[8] Es findet seinen Ausdruck im unlevered Beta-Faktor.
Bestandteile:
- Marktrisiko
- leistungswirtschaftliches Risiko
Kapitalstruktur
Hauptartikel-> Kapitalstrukturrisiko
siehe auch-> Kapitalstruktur
Das Kapitalstrukturrisiko (finanzielles Risiko, financial Beta) hängt von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens ab und ist umso höher, je größer der Verschuldungsgrad des Unternehmens ist.[9] Das Kapitalstrukturrisiko findet seinen Ausdruck im levered Beta-Faktor.[10]
Finanzierungspolitik
Hauptartikel-> Finanzierungspolitik
- Synonyme: Finanzierungsstrategie
Die Finanzierungspolitik (Finanzierungsstrategie) legt die Weise der Planung des zukünftigen Fremdkapitalbestands in einem Unternehmen fest.
Dabei kommen in Frage:
- Wertorientierte (atmende) Finanzierungspolitik, dabei entspricht der Fremdmittelbestand einem Prozentsatz des Gesamtwertes.
- Autonome Finanzierungspolitik, dabei ist der Fremdmittelbestand frei planbar.
'*)
Ausfallsrisiko des Fremdkapitals
siehe auch-> Credit Spread
Das Fremdkapital-Beta-Faktor (Debt-Beta) Fremdkapitalgeber geforderten Prämie (Credit Spread) zur Marktrisikoprämie.[11]
ist das Verhältnis der vomFremdkapital-Beta-Faktor:[12]
Fremdkapital-Beta-Faktor (Debt-Beta) | |
Credit Spread | |
Marktrisikoprämie | |
Fremdkapitalkosten | |
Basiszinssatz |
Der Credit Spread ist der Ausdruck für die die Übernahme des Kreditrisikos. Durch die teilweise Übernahme von Risiko durch die Fremdkapitalgeber verringert sich folglich das Restrisiko, welches von den Eigenkapitalgebern zu tragen ist.[13]
- Die Berücksichtigung des Debt Betas ist in KFS/BW1 E3 (2015) geregelt, Anfänger sollten es möglichst meiden.
- Soweit der Fremdkapitalgeber kein Ausfallsrisiko hat, entspricht die Rendite des Fremdkapital dem Basiszins.
Literatur
- KFS/BW1 E3 (2015)
- Aschauer / Purtscher (2023), S. 149 ff;
- Ihlau / Duscha (2019), S. 96
Steuern
Hauptartikel-> Steuervorteil der Fremdfinanzierung (Tax Shield)
Der Steuervorteil der Fremdfinanzierung (Tax Shield) ergibt sich aus der Abziehbarkeit der Fremdkapitalzinsen von der Steuerbemessungsgrundlage und somit der Verminderung der Steuerbelastung.[14]
Die steuerliche Abzugsfähigkeit widerspricht der Irrelevanzthese von Modigliani / Miller in seiner ursprünglichen Fassung.[15]
Auswirkung der Ableitung aus historischen Daten
siehe auch->adjusted beta
Der Raw Beta wird aus Daten des Unternehmens oder einer Peer Group errechnet. In der Regel aus historischen Daten. Deshalb führt die Bewertungspraxis eine Anpassung des historischen raw Beta auf Zukunftswerte Adjusted Beta-Faktoren durch. Im Gegensatz zum Adjusted Beta wird der Raw Beta bei Branchenbetas nicht veröffentlicht.
Berechnung [16]
Adjusted Beta-Faktor | |
raw Beta-Faktor |
Diese pauschale Anpassung ist statistisch belegt, aber ökonomisch nicht begründet und sollte daher nur in einzelnen Ausnahmefällen gemacht werden.[17]
Arten
siehe auch-> Kapitel: Auswirkung der Ableitung aus historischen Daten, Kapitel: Unlevern - Relevern
Ergebnis der Ermittlung des Beta-Faktors ist bei allen Berechnungsmöglichkeiten der [Raw Beta]]-Faktor. Wird er aus Vergangenheitsdaten abgeleitet, wird er Raw Beta in der Praxis zum adjustet Beta umgerechnet. Daraus wird unter Berücksichtigung des Verschuldungsgrades (FK*/EK*) der untersuchten Unternehmen der unlevered Beta-Faktor ermittelt. Für den Zinssatz des verschuldeten Un-ternehmens ermittelt man anhand der maßgeblichen Kapitalstruktur den levered Beta-Faktor.
Die Überleitung vom raw (adjusted) zum unlevered Beta-Faktor wird als unlevern, die Überleitung vom undlevered zum (re)levered Beta als relevern bezeichnet.
Für die Umrechnung wird die Standard-Lehrbuchformel (Modigliani / Miller) bzw. die Theorien von Hamada, Harris / Pringle bzw. Miles / Ezzel angewandt.
Arten:
Sonderform: Debt Beta
Adjusted Beta
- Synonyme: Average Beta
siehe auch-> Kapitel: Auswirkung der Ableitung aus historischen Daten
Der Adjusted Beta Raw Beta-Faktors . Sie stellen die Ausgangsbasis für den unlevered Beta-Faktor dar. Bei Branchenbetas werden sie im Gegensatz zum Raw Beta veröffentlicht. Bei Damodaran werden sie als Average Beta bezeichnet.
ergibt sich aus einer Anpassung desAnwendung:
- Basis des Unlevered Beta
- als grobe Vereinfachung für den levered Beta-Faktor
Unlevered Beta
- Synonyme: Asset Beta
siehe auch-> Kapitel: Unlevern - Relevern
Der unlevered Beta-Faktor [18] Das unlevered Beta wird auch als Asset Beta bezeichnet.[19]
stellt das Risikomaß eines (fiktiv) unverschuldeten Unternehmens dar.In der nationalen und in der internationalen Bewertungspraxis geht man i.d.R. von einem im Zeitablauf konstanten operativen Risiko aus, sofern das Geschäftsmodell unverändert ist.[20]
Anwendung:
- Ermittlung der Renditeforderung des unverschuldeten Eigenkapitals
- Basis des Levered Beta
Levered Beta
siehe auch-> Kapitel: Unlevern - Relevern
Der Levered Beta-Faktor Geschäftsrisikos auch das Kapitalstrukturrisiko des betreffenden Unternehmens auf Basis der für das Bewertungsobjekt maßgeblichen Kapitalstruktur.[21]
beinhaltet neben demAls grobe Vereinfachung können mE Anfänger das Average Beta anwenden.
Anwendung:
- Ermittlung der Renditeforderung des verschuldeten Eigenkapitals
Berechnung
siehe auch-> Kapitalmarkttheorie
Der Betawert setzt das bewertungsrelevante unternehmensspezifische Risiko (Kovarianzrisiko) in Relation zum Marktrisiko (Varianz der Marktrendite). [22]
Berechnung[23]
Beta-Faktor für das Wertpapier j | |
Kovarianz | |
Rendite Wertpapier j | |
Rendite Marktportfolio (Marktrendite) | |
Varianz der Marktrendite |
Literatur
- Aschauer / Purtscher (2023), S. 145.
- Drukarczyk / Schüler (2016), S. 55.
Weblinks
- Betafaktor bei Wikipedia, abgefragt 8.11.2024;
Quellen des Beta-Faktors
Der Beta-Faktor kann ermittelt werden über:[24]
- Börsenotierung des zu bewertenden Unternehmens: eigene Berechnung oder bei Finanzdienstleistern oder einschlägigen Publikationen;
- Vergleichsgruppen (Peer Groups: mangels Zugang zu Daten wird man hier immer auf Finanzdienstleister oder einschlägige Publikationen zugreifen müssen;
- Beta-Faktor#Branchen-Betas: nur bei nicht-börsenotierten Unternehmen.
Branchenbeta
Verschiedene Quellen veröffentlichen regelmäßig Beta-Faktoren für ganze Branchen:
- Damodaran: Unter pages.stern.nyu.edu/~adamodar] finden sich die jährlich aktualisierten Daten unter „Data“ – „Archived Data“ – „Levered and Unlevered Betas by Industry“. Dabei wird zwischen USA, Europa und Japan unterschieden. Dabei stellt Beta den Branchendurchschnitt dar. Als Basis zum relevern empfiehlt sich Unlevered beta.
- Schwetzler u.a.: "Betafaktoren" in der Zeitschrift Bewertungspraktiker (BP),
- Schwetzler u.a.: "Multiples und Beta-Faktoren für deutsche Branchen" in der Zeitschrift Corporate Finance (CF) und
- Aschauer u.a.: "Datei:Betafaktoren nach ÖNACE (Aschauer-Purtscher-Pasku).pdf", RWZ 2014/53.
Unlevern - Relevern
siehe auch-> unlevered Beta, levered Beta
Unlevern ist die Ableitung des unlevered Beta aus dem average Beta, dh dem Branchendurchschnitt. *)
(Re)levern ist die Ableitung des levered Beta aus dem unlevered Beta. *)
Dabei kann je nach Konstellation die Standardformel oder eine Formel basierend auf den folgenden Theorien zur Anwendung kommen.
Die relevanten Theorien sind:
- Modigliani / Miller:[25] entspricht der Grundformel, nicht bei Debt Beta anwenden.[26]
- Hamada:[27] Anwendung bei Debt Beta, nicht jedoch bei autonomer Finanzierung.[28]
- Harris / Pringle:[29] bei Debt Beta und autonomer Finanzierung sowie unsicherem Tax Shield.[30]
- Miles / Ezzel:[31] bei Debt Beta und autonomer Finanzierung, Tax Shield sicher.[32]
Die konkreten Formeln zum Un-/Relevern hängen von verschiedenen Annahmen ab:[33]
- Finanzierungspolitik der Vergleichsunternehmen und beim Bewertungsobjekt und daraus resultierend die Berechnung des Wertbeitrages der Steuervorteile des Fremdkapitals (Tax Shield).
- Höhe der Risikoübernahme durch den Fremdkapitalgeber (Debt Beta).
Maßgebliche Kapitalstruktur
Grundsätzlich ist die Kapitalstruktur des Bewertungsobjektes maßgeblich.
- Maßstab für die Kapitalstruktur ist der Verschuldungsgrad :
- Es kann zu Zirkularitäten kommen.
- Es ist die Finanzierungspolitik zu beachten.
Alternative Kapitalstrukturen:
- Zielkapitalstruktur und
- Branchendurchschnitt
- In beiden Fällen ist die Plausibilität der Annahmen zu überprüfen.
Standardformel
Das Standardmodell wird auch als Lehrbuch-(Textbook)-Formel bezeichnet. Im Standardmodell ist das Fremdkapital nicht risikobehaftet.
unlevered Beta | |
relevered Beta | |
Unternehmenssteuersatz | |
Marktwert des Eigenkapitals | |
Marktwert des Fremdkapitals |
Literatur
Fachgutachten
- KFS/BW 1 Rz. 106 ff;
- IDW S1 Rz. 100, 121 f;
Fachliteratur
- Aschauer / Purtscher (2023), S. 239 ff;
- Bachl (2018), S. 51;
- Mandl / Rabel (1997), S. 297 ff;
- Ziemer (2018);
- Harris / Pringle (1985);
- Miles / Ezzell (1980);
- Modigliani / Miller (1958);
Unterlage(n)
- Hager: Diskontierungszinssatz – Ein kurzer Überblick, Datei:Zins kurz.pdf, Basisseminar FAÖ, Stand Okt. 2024;
siehe auch -> Liste der verwendeten Literatur, Liste der verwendeten Symbole, Liste der verwendeten Formeln
Weblinks
- Betafaktor bei Wikipedia, abgefragt 8.11.2024;
- Beta-koeffizient bei Gablers Wirtschaftslexikon, abgefragt 8.11.2024;
Einzelnachweise
- ↑ WPH-Edition (2018), Tz. A 402.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 145 uVa Adolf (2007), S. 66.
- ↑ Vgl. Bachl (2018), S. 43.
- ↑ Wikipedia, Stichwort: Betafaktor, abgefragt 8.11.2024.
- ↑ Eigene Darstellung auf Basis WPH-Edition (2018), Tz. A 417.
- ↑ Aus Ernst u.a. (2018), S. 56.
- ↑ Vgl. WPH-Edition (2018), Tz. A 333.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 148.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 148.
- ↑ Bachl (2018), S. 48
- ↑ Vgl. Dörschell u.a. (2012), S. 206.
- ↑ Aus Aschauer / Purtscher (2023), S. 149.
- ↑ Vgl. Ihlau / Duscha (2019), S. 96.
- ↑ Ihlau / Duscha (2019), 46.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), 111.
- ↑ Aus Ihlau / Duscha (2019), S. 94.
- ↑ Vgl. Dörschell u.a. (2012), S. 190 f.
- ↑ Vgl. Bachl (2018), S. 47.
- ↑ Vgl. Stahl (2015), S. 11.
- ↑ Vgl. WPH-Edition (2018), Tz. A 333.
- ↑ Vgl. Bachl (2018), S. 47.
- ↑ Drukarczyk / Schüler (2016), S. 55.
- ↑ Aus Drukarczyk / Schüler (2016), S. 55.
- ↑ Hager (2014a), S. 1129 uVa KFS/BW 1 Rz. 106.
- ↑ Zur Vertiefung: Dörschell u.a. (2012), S. 195.
- ↑ Bachl (2018), S. 43.
- ↑ Zur Vertiefung: Aschauer / Purtscher (2023), S. 148 f; Bachl (2018), S. 48.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 148.
- ↑ Zur Vertiefung: Aschauer / Purtscher (2023), S. 151; Bachl (2018), S 49.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 151.
- ↑ Zur Vertiefung: Aschauer / Purtscher (2023), S. 211.
- ↑ Aschauer / Purtscher (2023), S. 211.
- ↑ Ihlau / Duscha (2019), S. 95.
- ↑ Aus Mandl / Rabel (1997), S 300.
- ↑ Aus Mandl / Rabel (1997), S 301.